Mittwoch, 15. Oktober 2014

Das Revierwochenende

Aufgrund des Uni-Stresses etwas verspätet nun ein kurzer Bericht vom Reviereinsatz vorletztes Wochenende:

Nach zwei Stunden Fahrt kamen meine Freundin und ich am Freitagabend im Westerwald an. Für Revierarbeit war es bereits zu spät; denn die Sonne stand bereits tief am Himmel. Also konzentrierte ich mich darauf mir für den nächsten Tag einen Schlachtplan zurecht zu legen und suchte mir in der Garage des Jagdhauses alle nötigen Utensilien und Werkzeug zusammen:
- Die Motorsäge für besonders dicke Äste oder kleinere Bäume die aufgeastet werden mussten
- Schnittschutzhose, Helm mit Gesichtschutz und Handschuhe zum eigenen Schutz
- Ein Spaten zum Ausheben der Stufen an einem steilen Abhang den man zur Weihnachtskanzel nehmen muss
- Die Teleskopschere und -säge für die ganz hohen Äste rund um die Hochsitze
- Buchenholzteer; das Schweine-Parfüm zum Anstreichen alter Baumstümpfe und Malbäume
- Blumentöpfe für eventuelle neue Salzlecken
- Ein Sack Viehsalz zum Auffüllen der Salzlecken
- Ein Wasserkanister zum Verflüssigen des Salzes
- Handastschere und -säge für Äste auf Augenhöhe
- Rechen und Harke zum Ausarbeiten der Pirschwege
- Hammer, Nägel und Zange
- sowie einen Eimer Mais/Weizen Gemisch zum Kirrungen beschicken
- Das Fernglas auf dem Beifahrersitz durfte natürlich nicht fehlen
- Eine Flasche Wasser und zwei Brötchen gehörten ebenfalls zur Grundausstattung

Das Auto ist gepackt; bald kann es losgehen!
An einer offenen Leiter, direkt an einer 2007er Kyrillfläche, wollte ich beginnen. Ich kannte dort einigen Suhlen, die ich von Ästen und Steinen befreite und bestrich die herumliegenden Baumstümpfe und Malbäume großzügig mit Buchenholzteer. Überall waren Wechsel zu sehen und als ich mitten im Jungwuchs stand, wurde vor mir eine Rotte Schwarzwild laut krachend hoch und tauchte gleich im Buchendickicht unter. Sehr vielversprechend!
Die Leiter am Rande der Fläche bestieg ich nach getaner Arbeit und suchte die Umgebung nach störenden Ästen und anderen Hindernissen ab. Diese räumte ich aus dem Weg und ging danach den ca. 200 Meter langen Pirschweg zurück zum Wagen. Dort stand ein Radfahrer mit Hund und spähte argwöhnisch ins Innere meines Autos. Zugegebenermaßen ist ein silberner Golf nicht das Jagdauto schlechthin, gerade wenn das Nummernschild für die Ortsansässigen ebenfalls unbekannt ist. Als er mich erblickte, hatte er wohl genug gesehen und radelte weiter. Leider hatte ich kein "Jagd-Betrieb" Schild in der Windschutzscheibe, sonst hätte der Passant gleich Bescheid gewusst. Nächstes Mal...

Den ganzen Vormittag verbrachte ich damit, auch an anderer Stelle Suhlen freizuräumen, Malbäume zu bestreichen und Hochsitze freizuschneiden. Auch so manche Salzlecke füllte ich noch auf, da die meisten über den Sommer leergewaschen wurden. Den Blumentopf füllte ich also wieder bis zum Rand mit Salz und goss noch einen Schuss Wasser nach, damit der Baumstamm wieder direkt schön salzig war. An einer Stelle sogar hatte das Schwarzwild die Salzlecke derart auseinandergenommen, dass ich den Ton-Blumentopf nur durch Zufall in der Dickung erspähen konnte. Den Stamm hatten die Sauen mitsamt der Wurzel komplett ausgegraben; an dieser Stelle bereits zum zweiten Mal innerhalb von 3 Jahren. Kurzentschlossen holte ich also die Motorsäge aus dem Auto und errichtete eine neue Salzlecke an dieser Stelle; wer weiß, wie lang diese halten wird. Salzlecken baue ich sehr, sehr gerne. Sie sind leicht zu errichten und unglaublich beliebt beim Wild. Siehe dazu auch den Beitrag über Salzlecken ("Das Salz in der Suppe" unter "Revierarbeit").
Hier hatten die Sauen ganze Arbeit geleistet. Innerhalb von drei Jahren gruben sie dort zwei Salzlecken aus; so begehrt müssen die salzigen Wurzeln gewesen sein. Im Hintergrund ein Malbaum mit aufgetragenem Buchenholzteer.

Schnell war die 3. Generation Salzlecke errichtet Die eingearbeitete Rinne veteilt das Salzwasser gleichmäßig über den Stamm.
An der Weihnachtskanzel, einem Hochsitz direkt an der Bundesstraße gelegen, stach ich dann mit dem Spaten die Stufen aus, um leise und vor allem sicher zum Sitz zu gelangen. Hier war besonders viel freizuschneiden, doch nach dem Einsatz konnte sich das Ergebnis durchaus sehen lassen.
Freie Sicht auf die Moorwiese. Nun kann von dort aus wieder gejagt werden. Vorher war die Sicht fast komplett zugewuchert.
Nach der Mittagspause hatte ich noch ein paar weitere Hochsitze und Aktivitäten auf dem Programm stehen. Jetzt kam auch meine Freundin mit, um mich zu unterstützen. Sie musste am Vormittag noch für die Uni lernen und konnte daher erst nicht mitkommen. Die Wildwiesen und -äcker wollte ich begutachten, um zu sehen, ob dort noch etwas Äsung für das Rehwild stand und Deckung vorhanden war. Gleich am ersten Wildacker (gesät im Frühjahr 2014) wurde ich nicht enttäuscht. Zwei Rehe sprangen mit hohen Fluchten aus dem mannshohen Dickicht ab, als ich mich näherte. Auch auf dem zweiten Acker stand ein guter Bock und zog davon. Hier wuchsen erfreulicherweise noch ein paar Sonnenblumen und andere Leckereien für das Wild, die allerdings auch andere Tierarten anziehend finden.
Nicht nur für die meisten Wildarten ein toller Lebensraum; der Wildacker.
An einem Teich im Revier, wo jedes Jahr Enten brüten, wollte ich den Zulauf neu ausarbeiten. Diesen Teich hatte unser Jagdaufseher meinem Großvater zum Revierjubiläum ausgehoben. Leider war der Zulauf über die Jahre verstopft und das Wasser hatte sich einen eigenen Weg am Rohr vorbei gebahnt. Mit dem Spaten und herbeigeholten Steinen gelang es mir, den Wasserzufluss wieder zurückzuleiten, sodass Frischwasser aus der Quelle in den Teich floss.

Auch wichtig an diesem Wochenende war es, neue Kirrplätze ausfindig zu machen, wohin wir ggf. unsere derzeit unterhaltenen Kirrungen verlegen wollten. Auch potentielle Plätze wo Hochsitze errichtet werden könnten/sollten, kundschaftete ich aus.

Am späten Nachmittag hatte ich das ganze Salz verteilt, zahlreiche Malbäume bearbeitet, eine neue Salzlecke errichtet, den Teichzufluss repariert, X Hochstize freigeschnitten und die Augen stets offen gehalten, um neue vielversprechend Plätze auszumachen.

Dieser Samstag war wirklich ausgesprochen erfolgreich! Abends stellte ich am Kamin (es war doch relativ frisch geworden) eine Liste zusammen, was sonst noch gemacht werden musste. Auch wenn ich den ganzen Tag geschufftet hatte, so kam noch eine ganze Menge zusammen.

Eines stand fest: Im Team macht es viel mehr Spaß!

Am Sonntag fuhr ich erst spät am Vormittag ins Revier. Im Prinzip hatte ich das gleiche auf dem Programm stehen, wie am Vortag, nur eben an anderen Plätzen. Den "Turmblick" schnitt ich großzügig frei; hier sollte im Winter so mancher Fuchs gejagt werden, denn dieser Sitz stand direkt am Fuchspass zwischen einem großen Feldgehölz und dem Bauernhof, wo Reineke sich nachts im Hühnerstall bediente. Auf der Wiese vor der Kanzel saß ein Bock und döste in der Sonne. Leider sprang er ab, als ich mich näherte; ich hatte ihn zu spät gesehen. Am Turmblick richtete ich die Leiter noch neu aus, da die 30x30 cm Betonplatten als Auflage verrutscht waren. Auch dort befüllte ich die Salzlecke, astete auf und kontrollierte die allgemeine Sicherheit des Hochsitzes noch einem vor dem Winter.
Eine von vielen Salzlecken, die am Wochenende aufgefüllt wurden. Man erkennt gut die abgenagten Stellen am Stamm auf "Reh.Augenhöhe"


Als letztes vor der Heimfahrt wollte ich noch am Steinbruch vorbeischauen, denn dort wollten wir evtl. im Winter auf Schwarzwild jagen. Ein bis zwei Treiber sollten in der Dickung etwas Unruhe machen und die Wildschweine dann den 4-5 Schützen kommen, die strategisch angestellt werden. Genau diese 4-5 Stände wollte ich festlegen. Am allerwichtigsten ist, dass sich die Schützen nicht gefährden. Also überlegte ich genau, wo Schussfeld sein würde und wo verbotene Zone war. Mit einem kleinen Stück Markierungsband kennzeichnete ich die Stände, schnitt ein paar Äste ab, die ins Schussfeld ragen würden und stellte mir vor, wo die Wildschweine am wahrscheinlichsten entlang ziehen würden. Im Winter werden wir sehen, ob es sich gelohnt hat!
Natürlich astete ich auch am Steinbruch die Bäume auf, um ein gutes Blickfeld von der Kanzel zu haben. Diesen Sitz hatten wir erst vor zweieinhalb Jahren errichtet und er war in bester Verfassung. Nur ein paar Brombeerranken entfernte ich, die sich ins Hochsitzinnere geschlängelt hatten.

Am späten Samstagnachmittag mussten wir wieder die Heimreise antreten. Die Uni rief... Auf dem Weg rief ich noch meinen Bruder an um für das nächste Mal zu planen, was, wann gemacht werden sollte.

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Das Revier-Wochenende steht bevor

Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag... Bald ist es geschafft.
Morgen Abend werde ich ins knapp zwei Stunden entfernte Revier im Westerwald fahren und nach der geistigen Beanspruchung in der Uni endlich mal wieder Taten walten lassen. Ein paar Ecken im Revier sollten Schwarzwild-freundlicher werden; sozusagen damit sich die Sau sauwohl fühlt. Es stehen auf dem Programm: Buchenholzteer ausbringen, Suhlen freiräumen, Salzlecken auffüllen, Hochsitze freischneiden, Pirschpfade machen, Wechsel kontrollieren und vieles mehr. Nun... Schauen wir, was ich schaffe und was bis zum nächsten Wochenende oder Urlaub warten muss.
Die Revierkarte habe ich diese Woche (auch während der Vorlesungen) eingehend studiert und überlegt, wo noch etwas zu tun ist.
Auch bei der Revierarbeit gilt: Das richtige Werkzeug ist die halbe Miete!

Montag, 29. September 2014

Hochsitz statt Disko - Als grüner Hipster im Klassenzimmer

Wie kommt man eigentlich dazu sich für das ein oder das andere zu entscheiden? Wird man an seinem 16. Geburtstag gefragt:"Kind, du musst dich entscheiden: Nachtleben auf dem Hochsitz oder in der Disko; Mainstream oder Hipster."
Ist man als junger Jäger nichts weiter als ein Hipster in grün? Bin ICH etwa ein grüner Hipster? Einen Hipster zeichnet ja gerade das freie Denken, das vorurteilsfreie Handeln sowie das ganz und gar unabhängige Dasein aus. Sozusagen der Hippie des 21. Jahrhunderts. Dem kann ich so einiges nachempfinden, denn als Schüler war ich der einzige "meiner Art" im Klassenzimmer; musste feststellen, dass meine Auffassung der "cosa verde", der grünen Sache anders war als das Mainstream Denken; dass sich niemand für meine Jagderlebnisse interessierte, ja diese sogar als abstoßend kommentiert wurden. Damals entschied sich wohl wie viel grünes Blut durch meine Adern floss, wie stark das Jagdfieber Besitz von mir ergriffen hatte. Es war wie eine Weggabelung zwischen Partymeile und Waldweg. Durch das Einschlagen des Letzteren habe ich mein Hipster Dasein statuiert, denn wenn auch als Einzelkämpfer ohne nennenswerte Unterstützung aus dem Klassenzimmer, habe ich mich nie so recht vom Mainstream mitreißen lassen. Natürlich sind Abneigungen und Proteste für einen männlichen Teenager gerade dann schmerzlich, wenn sie von der femininen Klassenhälfte ausgehen und daher passte ich mich ein wenig an: Meine Ausführungen rund um die Jagd und die Tiere des Waldes verstummten zusehends und meine Passion wurde nach Außen hin mehr und mehr ein geheimes Unterfangen - eine Art Verheimlichungsprozess, um mich gegen unliebsame Meinungen zu schützen. War das jedoch die richtige Art und Weise, meine Passion, mein Umfeld und mich unter einen (Jagd-)Hut zu bekommen?! Irgendwann begann ich neben Reh und Hase auch gewisse Zweifel zu hegen. Der grüne Hipster wurde wieder wach: "Ist doch egal, was die anderen sagen. Steh' dazu!" Genau zu dieser Zeit hörte ich eine Rede unseres Jägerschaftsvorsitzenden zum Thema Öffentlichkeitsarbeit: "Tut Gutes und sprechet darüber!" war sein Credo. "Versteckt euch nicht mit der Jagd sondern sprecht offen darüber und zeigt auf, was ihr für Tier und Umwelt tut." Nun, ich wollte es versuchen. So kam es, dass mein damaliger Lehrer eines Tages im Biologieunterricht davon sprach, wie verwerflich es doch ist, wenn Jäger die armen Tiere im Wald umbringen. Er hatte natürlich keine Ahnung, dass in seinem Klassenzimmer ein versteckter grüner Hipster saß. Nach dem nächsten Kommentar erwiderte ich zuerst zögerlich, dass das ja nun nicht so ganz stimme, was er da sagte. "Wie? Wieso?", fragte er verdutzt. "Naja", sagte ich. "Jäger schießen erstens nicht wahllos Tiere ab und zweitens werden die Rehe ja in den dunklen Wald gedrängt, dadurch, dass überall Menschen Häuser bauen, joggen, walken, reiten, Auto fahren und Gassi gehen. Eine Konsequenz ist, dass der Wald "aufgefressen" wird, Holz teurer wird und die Leute sich beschweren. Dann treten Überpopulationen auf, wo Krankheiten ausbrechen und sich die Leute beschweren, dass sie ihre Hunde und Katzen und sie mitunter selbst gefährdet sind." Im Klassenzimmer herrschte plötzlich Totenstille. Vollkommen perplex stammelte mein Lehrer ein Argument zusammen, welches ich wiederum entkräften konnte. So ging es fast zehn Minuten hin und her. Egal, was er entgegnete, ich wusste ein Kontraargument. Mein Schweigen war gebrochen und ohne es zu merken sprach ich mittlerweile schon von "Uns Jägern". Nach intensiver Diskussion, der ausnahmslos alle 28 Schüler des Kurses mit angehaltenem Atem folgten, kam vom Lehrerpult nur noch ein schwaches: "Nagut. So kann man das auch sehen." Wir starrten uns für einen Moment an und plötzlich fing irgendwo in der letzten Reihe jemand an zu klatschen. Der ganze Kurs stimmte mit ein und ich erhielt für meine Ausführungen tosenden Applaus. Es war wie im Hollywood-Film. Immernoch perplex zog mein Lehrer sein Notizbuch hervor und notierte eine 1 hinter meinem Namen. Damit hatte er nicht gerechnet.
Diese Biologiestunde war eine Art Schlüsselerlebnis. Von diesem Tag an fiel es mir unglaublich leicht über meine Passion und die damit verbundene Kontroverse zu berichten. Mitschüler und Mitschülerinnen waren interessiert daran mehr zu erfahren, einmal von einem echten Jäger zu hören, was nun so wirklich abläuft im Jagdrevier.
"Doing something before it is cool." Mit diesem Satz wird oft der Hipster beschrieben. Wurde ich durch diese Ausführungen im Bio-Raum cool? Ich denke dies wäre übertrieben, doch ich konnte Interesse wecken und auch wenn sich niemand durch diese Diskussion bewogen fühlte einen Jagdschein zu machen, so hatte ich doch ein kleines persönliches Ziel erreicht: So richtig abstoßend war meine Passion nicht mehr für andere. Dass die Jagd irgendwann "cool" wird, wage ich ebenfalls zu bezweifeln, doch das verheißt für meinen inneren grünen Hipster und mich ja nun eine lange gemeinsame Zukunft. Denn wenn die Jagd wirklich irgendwann cool und damit Mainstream würde, wäre ich ja kein grüner Hipster mehr, sondern nur noch Teil der grauen Masse...