Wie kommt man eigentlich dazu sich für das ein oder das andere zu entscheiden? Wird man an seinem 16. Geburtstag gefragt:"Kind, du musst dich entscheiden: Nachtleben auf dem Hochsitz oder in der Disko; Mainstream oder Hipster."
Ist man als junger Jäger nichts weiter als ein Hipster in grün? Bin ICH etwa ein grüner Hipster? Einen Hipster zeichnet ja gerade das freie Denken, das vorurteilsfreie Handeln sowie das ganz und gar unabhängige Dasein aus. Sozusagen der Hippie des 21. Jahrhunderts. Dem kann ich so einiges nachempfinden, denn als Schüler war ich der einzige "meiner Art" im Klassenzimmer; musste feststellen, dass meine Auffassung der "cosa verde", der grünen Sache anders war als das Mainstream Denken; dass sich niemand für meine Jagderlebnisse interessierte, ja diese sogar als abstoßend kommentiert wurden. Damals entschied sich wohl wie viel grünes Blut durch meine Adern floss, wie stark das Jagdfieber Besitz von mir ergriffen hatte. Es war wie eine Weggabelung zwischen Partymeile und Waldweg. Durch das Einschlagen des Letzteren habe ich mein Hipster Dasein statuiert, denn wenn auch als Einzelkämpfer ohne nennenswerte Unterstützung aus dem Klassenzimmer, habe ich mich nie so recht vom Mainstream mitreißen lassen. Natürlich sind Abneigungen und Proteste für einen männlichen Teenager gerade dann schmerzlich, wenn sie von der femininen Klassenhälfte ausgehen und daher passte ich mich ein wenig an: Meine Ausführungen rund um die Jagd und die Tiere des Waldes verstummten zusehends und meine Passion wurde nach Außen hin mehr und mehr ein geheimes Unterfangen - eine Art Verheimlichungsprozess, um mich gegen unliebsame Meinungen zu schützen. War das jedoch die richtige Art und Weise, meine Passion, mein Umfeld und mich unter einen (Jagd-)Hut zu bekommen?! Irgendwann begann ich neben Reh und Hase auch gewisse Zweifel zu hegen. Der grüne Hipster wurde wieder wach: "Ist doch egal, was die anderen sagen. Steh' dazu!" Genau zu dieser Zeit hörte ich eine Rede unseres Jägerschaftsvorsitzenden zum Thema Öffentlichkeitsarbeit: "Tut Gutes und sprechet darüber!" war sein Credo. "Versteckt euch nicht mit der Jagd sondern sprecht offen darüber und zeigt auf, was ihr für Tier und Umwelt tut." Nun, ich wollte es versuchen. So kam es, dass mein damaliger Lehrer eines Tages im Biologieunterricht davon sprach, wie verwerflich es doch ist, wenn Jäger die armen Tiere im Wald umbringen. Er hatte natürlich keine Ahnung, dass in seinem Klassenzimmer ein versteckter grüner Hipster saß. Nach dem nächsten Kommentar erwiderte ich zuerst zögerlich, dass das ja nun nicht so ganz stimme, was er da sagte. "Wie? Wieso?", fragte er verdutzt. "Naja", sagte ich. "Jäger schießen erstens nicht wahllos Tiere ab und zweitens werden die Rehe ja in den dunklen Wald gedrängt, dadurch, dass überall Menschen Häuser bauen, joggen, walken, reiten, Auto fahren und Gassi gehen. Eine Konsequenz ist, dass der Wald "aufgefressen" wird, Holz teurer wird und die Leute sich beschweren. Dann treten Überpopulationen auf, wo Krankheiten ausbrechen und sich die Leute beschweren, dass sie ihre Hunde und Katzen und sie mitunter selbst gefährdet sind." Im Klassenzimmer herrschte plötzlich Totenstille. Vollkommen perplex stammelte mein Lehrer ein Argument zusammen, welches ich wiederum entkräften konnte. So ging es fast zehn Minuten hin und her. Egal, was er entgegnete, ich wusste ein Kontraargument. Mein Schweigen war gebrochen und ohne es zu merken sprach ich mittlerweile schon von "Uns Jägern". Nach intensiver Diskussion, der ausnahmslos alle 28 Schüler des Kurses mit angehaltenem Atem folgten, kam vom Lehrerpult nur noch ein schwaches: "Nagut. So kann man das auch sehen." Wir starrten uns für einen Moment an und plötzlich fing irgendwo in der letzten Reihe jemand an zu klatschen. Der ganze Kurs stimmte mit ein und ich erhielt für meine Ausführungen tosenden Applaus. Es war wie im Hollywood-Film. Immernoch perplex zog mein Lehrer sein Notizbuch hervor und notierte eine 1 hinter meinem Namen. Damit hatte er nicht gerechnet.
Diese Biologiestunde war eine Art Schlüsselerlebnis. Von diesem Tag an fiel es mir unglaublich leicht über meine Passion und die damit verbundene Kontroverse zu berichten. Mitschüler und Mitschülerinnen waren interessiert daran mehr zu erfahren, einmal von einem echten Jäger zu hören, was nun so wirklich abläuft im Jagdrevier.
"Doing something before it is cool." Mit diesem Satz wird oft der Hipster beschrieben. Wurde ich durch diese Ausführungen im Bio-Raum cool? Ich denke dies wäre übertrieben, doch ich konnte Interesse wecken und auch wenn sich niemand durch diese Diskussion bewogen fühlte einen Jagdschein zu machen, so hatte ich doch ein kleines persönliches Ziel erreicht: So richtig abstoßend war meine Passion nicht mehr für andere. Dass die Jagd irgendwann "cool" wird, wage ich ebenfalls zu bezweifeln, doch das verheißt für meinen inneren grünen Hipster und mich ja nun eine lange gemeinsame Zukunft. Denn wenn die Jagd wirklich irgendwann cool und damit Mainstream würde, wäre ich ja kein grüner Hipster mehr, sondern nur noch Teil der grauen Masse...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen